Kündigung in der Probezeit

Quelle: 20 Minuten
Quelle: 20 Minuten

Gemäss der Zeitung 20 Minuten haben zahlreiche Zürcher Lehrer ihren Job aufgegeben, bevor sie richtig eingestellt wurden. Laut Experten bringen freche Schüler und mühsame Eltern sie an den Anschlag.

 

Quelle: http://www.20min.ch/schweiz/news/story/Zuercher-Lehrer-kuendigen-schon-in-der-Probezeit-26433750

 

Schüler, Eltern und Schulleitungen stellen die Lehrer vor grosse Herausforderungen: Seit es die Probezeit gibt, haben im Kanton Zürich auffällig viele Lehrer den Bettel hingeworfen.

 

 

Im August wurde im Kanton Zürich für neu eintretende Lehrer eine fünfmonatige Probezeit eingeführt. Jetzt zeigt sich: Auffällig viele Lehrer haben in dieser Zeit den Bettel hingeworfen. Martin Wendelspiess, Chef des Zürcher Volksschulamts, sagt gegenüber Radio SRF, dass zwei Drittel der Kündigungen auf Lehrer in neuen Stellen zurückgehen. «Mit so vielen Kündigungen hätten wir nicht gerechnet.»

 

 

Für Experten ist klar, dass der Schulalltag kein Zuckerschlecken ist. «Wir haben es immer wieder mit Lehrern zu tun, die schon zu Beginn psychisch am Ende sind», sagt Allan Guggenbühl, Psychologe und Leiter des Instituts für Konfliktmanagement. Christoph Bisel, Inhaber der Zürcher Firma Mobbing-Hilfe, berichtet: «Es kommt vor, dass Lehrer in Tränen ausbrechen, wenn sie an den nächsten Schultag denken.»

 

 

"Wir finden sie alle blöd!"

Lilo Lätzsch, Präsidentin des Zürcher Lehrerinnen- und Lehrerverbands, vermutet hinter den Kündigungen Konflikte: «Anhand der Austrittsgründe kann man möglicherweise darauf schliessen, dass Konflikte mit Vorgesetzten und Eltern die Lehrer zu einer Kündigung bewogen haben.» Es komme vor, dass die Vorschriften der Schulleitung bei Lehrern auf Widerstand treffen.

 

 

Laut Guggenbühl machen die Schüler die Lehrer mit Machtspielen fertig. Als Beispiel erwähnt er: «Eine Schülerin streckt auf und sagt: ‹Wir finden Sie alle blöd – ich aber eigentlich nicht.›». Mühe machten auch Schüler, die ihre Namen vertauschten, behaupteten, alle Lehrer duzen zu dürfen, den Unterricht verliessen, wenn es ihnen passe, und zu laut seien.

 

 

Lehrer werden gemobbt

Aber auch Eltern sollen an den vielen Kündigungen schuld sein. Lätzsch erwähnt «schwierige Eltern». Entweder seien sie überengagiert und hätten in jeder Hausaufgabe etwas zu kritisieren oder seien passiv.

 

 

Christoph Bisel, Inhaber der Zürcher Firma Mobbing-Hilfe, berät immer wieder Lehrer, die unter Mobbing leiden. Aufgebrachte Eltern gelangten an die Schulleitung, um Lehrer zu kritisieren, sagt Bisel. «Nicht jeder Schulleiter hat das Rückgrat, den Lehrer zu verteidigen.»Bisel sagt, dass nicht akzeptierte Noten von Eltern oder Schüler, die sich bloss gestellt fühlen, wenn sie bei unerledigten Hausaufgaben aufflögen, für «brutales Mobbing» reichten. Die Situationen können die Lehrer sogar in Verruf bringen. «Manchmal werden sie im Dorf richtig schlecht gemacht.»

 

 

"Lehrer brauchen mehr Unterstützung"

Probezeiten kennen auch die Kantone Aargau, Bern, Basel Land und Wallis. Guggenbühl übt Kritik. Er glaubt, dass Probezeiten die Lehrer in schwierigen Situationen vom Durchhalten abhalten. Sollen die Fristen abgeschafft werden? Die Lehrervertreter halten daran fest.«Es ist besser, wenn Lehrer nicht durchbeissen müssen, ist die Situation unerträglich geworden, sagt Jürg Brühlmann, Geschäftsführer des Dachverbands Schweizer Lehrerinnen und Lehrer.

 

 

Die hohe Zahl der Kündigungen zeige aber, dass eine Probezeit alleine nicht zielführend sei. «In keinem anderen Beruf wird man so stark ins kalte Wasser geworfen.» Er fordert, dass die Schulen darin unterstützt werden, mehr Ressourcen für Neueinsteiger anzubieten. Sarah Knüsel, Präsidentin des Verbands der Schulleiterinnen und Schulleiter, ist hingegen der Ansicht, dass die Schulen vor allem Berufseinsteiger gut unterstützen. In den ersten zwei Jahren erhielten sie eine Fachbegleitung. Zudem könnten sie sich jederzeit an die Schulleitung wenden.

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Monica (Samstag, 19 Dezember 2015 11:10)

    In vielen Punkten bin ich mit diesem Artikel einverstanden. Und so ganz unerfahren bin ich in diesem Berufsfeld nicht. Was ich aber absolut nicht bestätigen kann, ist die Aussage, dass kein anderer Berufseinstieg so schwierig sei wie dieser. Das tönt verdächtig nach Selbstmitleid und zeugt für mich nicht von Weitblick und Empathie für andere Berufswelten. Was mir auffällt ist die grosse Diskrepanz zwischen der Berufsrealität und dem landläufigen Berufsbild Lehrperson. Wer Kinder nicht mag, keine Neugierde kennt und besser Stunden und Minuten zählen kann als die Zeit zu vergessen ist einfach im falschen Job gelandet. Und das erlebe ich leider immer wieder. Das heldenhafte Durchbeissen hilft da niemandem wirklich. Schade ist es aber um all diejenigen motivierten Lehrpersonen, die wegen Widerwärtigkeiten und unterlassener Hilfe den Dienst quittieren .